Fragen nach Energiewende und Energiesicherheit können nur regional und im Verbund gelöst werden – das war der Grundgedanke des Regionalforums „Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien und Wasserstoff“, zu dem die Stadt Bendorf gemeinsam mit dem Landkreis Mayen-Koblenz und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft am Mittelrhein am 1. März auf die Sayner Hütte eingeladen hatte.
Die Stadt Bendorf erarbeitet derzeit mit Bundesförderung als „HyStarter“-Kommune ein Konzept zur Produktion und Nutzung von grünem Wasserstoff und baut dabei auf interkommunale Zusammenarbeit und Austausch.
Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aus der ganzen Umgebung waren gekommen, um regionale Synergien für eine unabhängige Energieversorgung und eine regionale wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auszuloten.
„Wasserstoff ist ein wichtiger Bestandteil einer dekarbonisierten Industrie und birgt viele Chancen“, erklärte Bürgermeister Christoph Mohr in seiner Begrüßung. Er spricht sich dafür aus, regionale Allianzen zu schließen, um die Herausforderungen der Transformation gemeinsam anzugehen.
In einem kurzen Vortrag erklärte Landrat Manfred Schnur, wie sein Landkreis Cochem-Zell das Thema Energiewende angeht. Er ist überzeugt: „Die Klimawende findet regional statt und man kann seine Ziele nur erreichen, wenn man vor Ort aktiv wird.“ Der Kreis Cochem-Zell ist seit einigen Jahren Vorreiter eines kommunalen Klimaschutzes, hat früh Klimaschutzkonzepte erstellt und das Ziel eines Null-Emissions-Landkreises formuliert. Sonne, Wind und Wasser werden vielseitig genutzt, so dass 180 Prozent des Stroms im Landkreis erneuerbar sind. Cochem-Zell war Teilnehmer am Bundeswettbewerb „Bioenergie-Regionen“, 2012 wurde eine kreiseigene Energie-Agentur gegründet.
Ab 2014 entstand das Projekt „Cochem-Zeller Energiedörfer“ mit 14 Gemeinden sowie 2020 die Gründung des Eigenbetriebs Nahwärmeversorgung bei den Kreiswerken, das zu ersten Nahwärmenetzen im Kreis führte. 2021 wurde das „Virtuelle Kraftwerk Cochem-Zell“ gestartet, das erneuerbaren Strom einsammelt. Im Rahmen des Projektes SmartQuart in Kaisersesch wird zurzeit an einem Wasserstoffquartier gebaut.
Manfred Schnur ist sicher: Klimaschutz trägt auch dazu bei, die Lebensqualität zu steigern und zu einem regionalen Wachstums- und Wertschöpfungsmotor zu werden. Dabei sei es auch wichtig, die Menschen in der Region am Ertrag der Erneuerbaren Energien teilhaben zu lassen.
Einen Überblick über die zentralen Ergebnisse und Diskussionen der HyStarter-Region Bendorf gab Nadine Hölzinger, Geschäftsführerin der Spilett New Technologies GmbH. Eines von mehreren vorgesehenen Projekten ist dabei die Transformation des Rheinhafens zum H2-Hub.
Von der Energie- und Ressourcenbereitstellung in Form von lokaler H2-Produktion über Elektrolyse, Plasmalyse/Thermolyse oder das „Cracken“ von H2-Derivaten zu Wasserstoff, gibt es auch Überlegungen zu Transport und Speicherung sowie vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten für Energie, regionale Wirtschaft und Mobilität.
Ein Szenarienrechner zeigt, wie die H2-Nachfrage im Jahr 2030 aussehen könnte und dass die Wasserstoffwirtschaft in Bendorf für regionale Wertschöpfung sorgen kann – wenn es gelingt, Energie aus Sonne, Biomasse und Wind zu transformieren.
Weit vorangeschritten sind auch die Pläne von der Bendorfer Spedition Normann und der Firma GP Joule, die gemeinsam die als Gemeinschaftsunternehmen Hy.Bendorf eine Wasserstofftankstelle im Rahmen eines Ökosystems für grünen Wasserstoff errichten wollen. Hier laufen aktuell Abstimmungen mit den Baugenehmigungsbehörden.
GP JOULE ist System-Anbieter für integrierte Energielösungen aus Sonne, Wind und Biomasse sowie ein Partner auf Versorgungsebene für Strom, Wärme, Wasserstoff sowie Elektromobilität.
Geschäftsführer für den Bereich Wasserstoff ist André Steinau, der in seinem Vortrag für die Verringerung von Importabhängigkeiten plädierte und den Kommunen rät, von der Erzeugung bis zum Verbrauch der Energie alle Prozesse in einer Hand zu behalten, um lokale Wertschöpfung zu generieren und Preisstabilität zu sichern.
„Die Regionen müssen etwas davon haben, wenn die Erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Die nächsten Veredelungsstufen müssen vor Ort erfolgen“, betont Steinau, der erfolgreiche Referenzprojekte aus Norddeutschland präsentierte.
Es gelte, regionale Potenziale der Erneuerbaren Energien zu nutzen, sie zur lokalen Wertschöpfung zu nutzen und mithilfe von Wärmenetzen etc. eine effiziente Verteilung in der Region zu erreichen. Dies stellt schließlich auch einen wichtigen Standortvorteil dar. „Dies erfordert Entscheidung mit Weitsicht bei allen Beteiligten – es geht nur zusammen“, sagt Steinau. Für Bendorf sieht er Synergieeffekte mit dem in Planung befindlichen Ökosystem hy.Cochem-Zell.
Bis zum Sommer finden im Rahmen des Bendorfer HyStarter-Prozesses noch zwei weitere Workshops mit Akteursbeteiligung statt, bevor die Machbarkeitsstudie zum Potenzial der Region als Wasserstoffstandort erstellt wird. Im September ist die Abschlussveranstaltung mit Vorstellung aller Ergebnisse geplant.