Dieser Abschluss soll erst der Anfang sein: am 27. September endete der 15-monatige HyStarter-Prozess der Stadt Bendorf mit der Präsentation der Ergebnisse und einem Ausblick auf das weitere Vorgehen zum Hochlauf einer grünen Wasserstoffwirtschaft. Bendorf wurde als eine von 15 Regionen in Deutschland für diesen Prozess ausgewählt und bekennt sich eindeutig zu Wasserstoff als zentralem Baustein der regionalen Energiewende.
In der Krupp’schen Halle der Sayner Hütte präsentierten Bürgermeister Christoph Mohr und Nadine Hölzinger von dem Beratungsunternehmen Spilett new technologies Ideen und Pläne, die die Akteure im Rahmen des vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projektes entwickelt haben.
In sechs Strategiedialogen kam von Mai 2022 bis Juli 2023 ein Akteursnetzwerk mit 48 Personen aus Privatwirtschaft, kommunaler Verwaltung, Wissenschaft Verbänden und Politik zusammen, um Konzepte für eine dezentrale Wasserstoffwirtschaft zu entwickeln. Zudem wurden zwei vielversprechende Unternehmensumfragen durchgeführt, die zeigen, dass es eine Nachfrage von rund 21.000 Tonnen pro Jahr nach grünem Wasserstoff in der Region gibt.
Bürgermeister Christoph Mohr bedankte sich bei allen involvierten Partnern für den wertvollen Input und betonte: „Uns war schnell klar, dass eine wirtschaftlich nachhaltige Wasserstoffregion größer gedacht werden muss. Alleine können wir es nicht schaffen.“ Ein wichtiger Partner dabei ist der Landkreis Mayen-Koblenz, bei der Veranstaltung vertreten durch den Ersten Kreisbeigeordneten Pascal Badziong, der der Stadt Bendorf in seinem Grußwort die Unterstützung von Kreis und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft am Mittelrhein zusicherte.
Rathauschef Christoph Mohr präsentierte die drei Handlungsfelder, die im Rahmen des Prozesses identifiziert und ausgearbeitet wurden: Die Produktion und der Umschlag von Wasserstoff am Industriehafen Bendorf (H2-Hub), die Dekarbonisierung der Verkehrs- und Wärmesektoren in Bendorf und Umgebung sowie der Hochlauf der H2-Wirtschaft in der Region Mittelrhein-Eifel-Westerwald.
Ziel ist es, den Industriehafen Bendorf zum H2 -Produktions- und Umschlagplatz für die Region Mittelrhein zu entwickeln und Wasserstoff von hier aus den regionalen Verkehrs- und Wärmemärkten sowie interessierten Industriekunden zur Verfügung zu stellen. Die lokale Wasserstoffversorgung des Stadtgebiets Bendorf und des Umlandes soll über elektrolytische Produktionsanlagen am Hafen und eine straßengebundene Verteilungslogistik bzw. Möglichkeiten der Schiffsbetankung am Hafen erfolgen. Größere Abnahmemengen von regionalen Industriekunden bzw. überregionalen Kunden können darüber hinaus auch über Wasserstoffimporte abgedeckt werden, die per Schiff oder via H2 -Kernnetz anlanden.
Einige Projekte befinden sich bereits in der konkreten Planung bzw. Umsetzung: So untersucht das Unternehmen Mabanaft Deutschland GmbH & Co. KG die Möglichkeiten einer dezentralen Wasserstoffproduktion für den Standort ihrer Tochterfirma Oiltanking Deutschland GmbH & Co. KG am Rheinhafen Bendorf, das Land Rheinland-Pfalz führt derzeit eine Machbarkeitsstudie am Bendorfer Hafen durch, um das Potenzial zur Ertüchtigung des Hafens zu einem zukünftigen H2 -Hub zu analysieren.
Die Bendorfer Spedition Mathias Normann Spedition GmbH & Co. KG beabsichtigt, ihren Lkw-Fuhrpark schrittweise auf Wasserstoffantrieb umzustellen und plant in Kooperation mit der Firma GP Joule als Hy.Bendorf, eine Wasserstoffinfrastruktur mit H2 -Tankstelle und regionaler Produktion (Elektrolyse) aufzubauen. Dieses Projekt stellte Andreas Normann im Laufe der Veranstaltung näher vor.
Die BDH-Klinik in Vallendar hat in ein H2-ready-BHKW für die Wärme- und Stromversorgung investiert und plant gemeinsam mit dem HyStarter-Partner iph Hähn eine eigene elektrolytische Wasserstoffproduktion. Außerdem signalisiert das Logistikunternehmen Contargo GmbH & Co. KG Interesse, bereits kurzfristig am Rheinhafen Bendorf Wasserstoff in Containern für die Schiffsbetankung abzunehmen.
Nadine Hölzinger, die den HyStarter-Prozess fachlich begleitet hat, stellte ausgewählte Projektideen vor und erklärte, dass mit einem 25-Megawatt-Elektrolyseur jährlich 3318 Tonnen Wasserstoff, 26.000 Tonnen Sauerstoff und 53 Gigawattstunden Abwärme gewonnen werden können.
Die Wirtschaftlichkeitsszenarien für die Region Mittelrhein-Westerwald zeigen, dass sich die definierte Nachfrage aus eigenen Ressourcen decken lässt. Drei der fünf im Bericht durchgespielten Szenarien sind wirtschaftlich.
Die Wasserstoffexpertin zeigte sich begeistert von den vorhandenen Potenzialen und rät im nächsten Schritt zur Beantragung einer Netzwerkförderung, damit das bereits entstandene Netzwerk die Entwicklung zur H2-Region produktiv vorantreiben kann. In den nächsten Monaten gilt es, den Akteurskreis zu erweitern, die Potenziale weiter zu detaillieren, planerische Grundlagen zu schaffen und erste Projektideen umzusetzen sowie Fördermittel zu akquirieren.
„Unsere Erwartungen wurden übertroffen“, resümiert Werner Prümm, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, zum HyStarter-Prozess. Es habe sich bestätigt, dass es in der Region hervorragende Bedingungen für eine Wasserstoffwirtschaft gibt und es seien viele umsetzbare Perspektiven erarbeitet worden.
Den Abschlussbericht zum Bendorfer HyStarter-Prozess kann man auf www.bendorf.de/wasserstoff herunterladen.